Altkleidersammlung vor dem Kollaps
Gemeinnützige Infrastruktur in Gefahr: DRK warnt vor dramatischer Entwicklung auf dem Altkleidermarkt – neue EU-Verordnung verschärft die Lage

Wiesbaden/Hessen - Die Altkleidersammlung in Deutschland steht vor einer Zerreißprobe. Der DRK Landesverband Hessen e.V. schlägt Alarm:
Ein drastischer Preisverfall auf dem internationalen Altkleidermarkt, gepaart mit neuen gesetzlichen Vorgaben, bringt die gemeinnützige Sammelinfrastruktur an ihre Grenzen.
Das DRK fordert:
• Finanzielle Unterstützung für gemeinnützige Sammler.
• Klare Kommunikation der neuen Vorgaben an die Bevölkerung.
• Kommunale Unterstützung bei der Umsetzung.
• Förderung innovativer Recyclinglösungen.
Marktverfall gefährdet soziale Projekte
Noch vor kurzer Zeit war der gezahlte Preis pro Tonne 200 Euro oder mehr. Aktuell ist es nur noch ein zweistelliger Bruchteil. Gleichzeitig steigen die Kosten für Sammlung, Sortierung und Entsorgung. Erste Verwertungsgesellschaften mussten bereits Insolvenz anmelden. Die Folge: Container werden abgebaut, Lager sind überfüllt, soziale Projekte geraten in finanzielle Schieflage.
Neue EU-Verordnung sorgt für Verunsicherung
Seit dem 1. Januar 2025 gilt EU-weit die Pflicht zur getrennten Sammlung von Textilabfällen – auch beschädigte Kleidung muss nun in Altkleidercontainern entsorgt werden. Doch viele Bürgerinnen und Bürger sind verunsichert. Fehlwürfe nehmen zu, Container werden zunehmend mit Fremdmüll verunreinigt.
DRK fordert Unterstützung und klare Kommunikation
„Die Altkleidersammlung ist mehr als Abfallentsorgung – sie ist ein sozialer und ökologischer Dienst an der Gesellschaft“, betont Michael Rückert, stellvertretender Geschäftsführer des DRK Landesverband Hessen. „Wenn wir jetzt nicht handeln, verlieren wir eine jahrzehntelang bewährte Struktur.“
DRK-Gliederungen in Hessen schlagen Alarm
In Hessen zeigen sich viele Kreisverbände alarmiert über die Entwicklungen: Sammelcontainer werden unregelmäßig geleert, was zu überfüllten und vermüllten Sammelstellen führt. Große Hauptabnehmer der gesammelten Kleidung sind in Zahlungsschwierigkeiten geraten und es gibt einige offene Forderungen. Dies führte zu massiv reduzierten Erlösen, die das Finanzierungsmodell in akute Gefahr bringen. Ein Wegbrechen dieser Mittel hätte weitreichende Folgen für die regionale Versorgung und Prävention.
Die Erlöse aus den Sammlungen kommen der regionalen Jugendarbeit, Bereichen im Katastrophenschutz und lokalen sozialen DRK-Projekten, wie z.B. einem Hausaufgabenbetreuungsangebot zugute.
Zum großen Bedauern einiger Kreisverbände bleibt auch die erbetene Kommunale Unterstützung aus. Auch die DRK-Kreisverbände in Hessen stellen die Forderung nach politischem Handeln: Es braucht dringend einen gesetzlichen Rahmen, um die Verwertung gebrauchter Kleidung zu sichern und gemeinnützige Organisationen wie das DRK zu schützen.
Hintergrund:
Die Altkleidersammlung ist für das DRK eine wichtige Ressource.
Die DRK-Kreisverbände organisieren Altkleidersammlungen individuell und eigenständig – über Container, Kleiderläden, Kleiderkammern und Sammelboxen an ihren Gebäuden.
-> Noch tragbare Kleidung wird in Kleiderkammern und -läden verwendet und hilft Bedürftigen.
-> Nicht mehr tragbare Kleidung wird verkauft; die Erlöse finanzieren soziale Projekte.
Wegen sinkender Qualität („Fast Fashion“) ist ein wachsender Anteil nicht mehr verwertbar. Daraus entwickelt sich folgendes Problem: Sinkende Qualität der Spenden reduziert Einnahmen und gefährdet langfristig die Finanzierung wichtiger DRK-Projekte.
Das DRK sammelt jährlich bis zu 80.000 Tonnen Altkleider. Nur etwa die Hälfte davon ist noch tragbar. Der Erlös aus der Verwertung finanziert soziale Projekte und versorgt jährlich über eine Million Menschen mit Kleidung